Donnerstag, 25. April 2013

Zankapfel Privatarzt-Honorar

Das Sozialgericht Heilbronn hat mit Urteil vom 19. März 2013 (Az.: S 11 KR 1878/11) entschieden, dass ein gesetzlicher Krankenversicherer, der seine Dienste privat abrechnet, dazu verpflichtet ist, die Kosten der privatärztlichen Behandlung zu übernehmen, wenn eine medizinisch notwendige Operation nur von einem Arzt durchgeführt wird.
Geklagt hatte ein 30-jähriger Zimmermann, der sich einer komplizierten Kniegelenksoperation unterzogen hatte. Bei diesem Eingriff musste u. a. eine Sehne erneuert werden. Anders als allgemein üblich wurde hierfür nicht eine körpereigene Sehne, sondern eine Spendersehne benötigt. Diese äußerst selten durchgeführte Art der Operation wurde ausschließlich von dem darauf spezialisierten Chefarzt der Klinik durchgeführt, welcher den Eingriff jedoch nur nach Unterzeichnung eines privatärztlichen Behandlungsvertrages durchführen wollte. In seiner Not unterschrieb der Kläger.
Nach beendeter Operation zahlte die Krankenkasse des Klägers der Klinik zwar eine Fallkostenpauschale. Die von ihm bezahlte Chefarztrechnung in Höhe von 1350 €  wollte die Kasse jedoch nicht übernehmen.
Die Richter des Heilbronner Sozialgerichts gaben der Klage des Versicherten in vollem Umfang statt.
Die Beweisaufnahme ergab, dass es keine Alternativen zu der komplizierten Operation gab. Selbst der Medizinische Dienst der Krankenkasse war zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger aufgrund der Komplexität der Schädigung eine Spendersehne implantiert werden musste.
Deswegen hat der Kläger ein Recht darauf, dass ihm die von ihm verauslagten Kosten für die Behandlung durch den Chefarzt erstattet werden. Eine derartige Operation ist nicht teilbar zwischen privatärztlich abzurechnenden Mehrkosten für eine Spendersehne und einer über die Fallkostenpauschale abzurechnenden Standard-Operation ohne Verwendung einer derartigen Sehne.
Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch des Klägers bildet demnach § 13 Absatz 3 SGB V, in dem es heißt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war."
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Freitag, 19. April 2013

Krankenkasse muss kein Speedy-Tandem bezahlen

Das hessische Landessozialgericht hat mit Urteil vom 28. Juni 2012 (Az.: L 1 KR 100/10) entschieden, dass Krankenkassen nicht dazu verpflichtet sind, Maßnahmen zu finanzieren, die ausschließlich dazu dienen, den geografischen Horizont eines Behinderten zu erweitern.
Zur Fortbewegung war ein 12-jähriger Junge auf einen Rollstuhl angewiesen. Seine Kinderärztin verordnete ihm ein sogenanntes Speedy-Tandem, mit dessen Hilfe gemeinsame Ausflüge von Fahrrad- und Rollstuhlfahrern möglich sind, da er selbst den Rollstuhl nicht aus eigener Kraft fortbewegen kann.
Jedoch lehnte die Krankenkasse des Kindes die Kostenübernahme für die Anschaffung des Speedy-Tandems in Höhe von fast 3.700,- Euro ab.
Die Kasse begründete dies damit, dass das Fahrradfahren nicht zu den Grundbedürfnissen gehört, für deren Sicherstellung die gesetzlichen Krankenkassen zuständig sind. Unabhängig davon sei das von dem Kläger begehrte Spezialfahrrad nicht dazu geeignet, die durch die Kassen zu unterstützende Integration eines behinderten Kindes in die Gruppe gleichaltriger Jugendlicher zu erreichen.
Vor Gericht erlitt der Junge sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz eine Niederlage.
Nach Auffassung der Richter haben Krankenkassen nur jene Hilfsmittel zu finanzieren, die erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung soweit wie möglich auszugleichen. Der Zweck könne mit einem Speedy-Tandem jedoch nicht erreicht werden, da mit ihm keine eigenständige Fortbewegung eines Behinderten möglich ist und es daher nicht der medizinischen Rehabilitation dient, sondern lediglich der Erweiterung des geografischen Horizonts eines Behinderten. Es ist keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen, diese zu finanzieren.
Das Gericht sah keine Veranlassung eine Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.
Im Jahr 2008 hatte das gleiche Gericht bereits entschieden, dass Behinderte grundsätzlich keinen anspruch darauf haben, dass ihnen ihre Krankenkasse die Anschaffung eines Therapie-Fahrrades finanziert.
Eine andere Beurteilung ist geboten, wenn ein solches Fahrrad dazu dient, dem drohenden Verlust der Gehfähigkeit vorzubeugen.
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Donnerstag, 11. April 2013

Alkoholbedingte Bewusstseinsstörung

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat mit Urteil vom 28. September 2012 entscheiden (Az.: 20 U 107/12), dass sich ein privater Unfallversicherer nach einem Unfall auf Leistungsfreiheit wegen Bewusstseinsstörung berufen kann, wenn sich ein Fußgänger nach dem Genuss von Alkohol als verkehrsuntüchtig erweist.
Bei Dunkelheit wollte eine Frau und spätere Klägerin eine Landstraße überqueren, als sie gegen 18 Uhr von einem herannahenden Auto erfasst und schwer verletzt wurde. Bei einer gegen 20:15 Uhr im Krankenhaus durchgeführten Blutuntersuchung wurde eine Blutalkohol-Konzentration von fast zwei Promille festgestellt.
Der private Unfallversicherer der Klägerin lehnte es mit Hinweis darauf ab, dass der Unfall auf eine nicht versicherte, alkoholbedingte Bewusstseinsstörung zurückzuführen sei, ihr für den Unfall Versicherungsschutz zu gewähren.
In der Klageschrift trug die Frau vor, dass die Blutalkohol-Konzentration zum Zeitpunkt des Unfalls deutlich geringer gewesen sein müsse, da sie kurz vor dem Unfall in Form eines Sturztrunks eine ganze Flasche Wein geleert habe. Somit könne sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit wegen einer Bewusstseinsstörung berufen.
Die OLG-Richter konnten sich dem nicht anschließen und wiesen die Klage der Versicherten als unbegründet zurück.
Wenn sich ein Versicherungsnehmer gegen eine Ablehnung der Leistungspflicht wegen alkoholbedingter Bewusstseinsstörung mit der Behauptung verteidigt, der festgestellte Blutalkoholwert beruhe auf einem Nach- bzw. Sturztrunk, so ist er dafür beweispflichtig.
Diesen Beweis ist die Klägerin schuldig geblieben.
Nach Ansicht des Gerichts liegt eine absolute Verkehrsuntüchtigkeit im Übrigen nicht erst vor, wenn zum Zeitpunkt des Unfalls der entsprechende Grenzwert der Blutalkohol-Konzentration erreicht ist. Ausreichend ist vielmehr, dass der Verkehrsteilnehmer zu dieser Zeit eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer absoluten Verkehrsuntüchtigkeit führen wird.
In dem entschiedenen Fall musste im Übrigen von einem typischen, auf den Genuss von größeren Alkoholmengen verursachten Unfall ausgegangen werden. Denn eine typische Wirkung des Alkohols ist, dass Geschwindigkeiten und Entfernungen nicht mehr richtig eingeschätzt werden können.
Das Gericht ließ den Einwand der Klägerin nicht gelten, dass ihre Fehleinschätzung der Vekehrssituation auch einem nüchternen Verkehrsteilnehmer hätte unterlaufen können. Ein solcher hätte die Landstraße nämlich erst nach Passieren des Fahrzeugs betreten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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Donnerstag, 4. April 2013

Bankenhaftung bei unwirtschaftlicher Kapitalanlage?

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 15. Januar 2013 entschieden (Az.: I - 34 U 3/12), dass ein Anleger, der auf Anraten eines von ihm beauftragten Vermögensberaters einen Kredit aufnimmt, um damit eine letztlich unwirtschaftliche Kapitalanlage zu finanzieren, keinen Anspruch gegen das Kreditinstitut auf Zahlung von Schadenersatz hat.
Geklagt hatte ein Profisportler, dem von einer durch ihn beauftragten Kapitalanlageberaterin zu Steuersparzwecken der Erwerb kreditfinanzierter Immoblilien empfohlen worden war. Anders als von der Beraterin prognostiziert, stellte sich die Anlage als wirtschaftlicher Fehlgriff heraus. Der Kläger konnte seine Anteile letztlich nur mit erheblichem Verlust veräußern. Unter dem Strich stand ein noch zu tilgender Darlehensbetrag in Höhe von 115.00 € offen, ohne dass dem irgendein Vermögenswert entgegengestanden hätte.
Vergeblich versuchte der Kläger, sich bei der Vermögensberaterin schadlos zu halten, da diese in der Zwischenzeit zahlungsunfähig geworden war.
Der Kläger klagte auf Feststellung, dass er nicht zur Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrages verpflichtet sei und argumentierte, dass die Bank ebenfalls dafür verantwortlich sei, dass er einen Kredit für eine unwirtschaftliche Kapitalanlage aufgenommen hatte.
Diese Klage wurde vom Landgericht Paderborn sowie vor dem Berufungsgericht Oberlandesgericht Hamm als unbegründet zurückgewiesen.
Die Richter waren davon überzeugt, dass der Bank keine fehlerhafte Anlageberatung vorgeworfen werden konnte, da der Kläger sich nicht durch das Kreditinstitut, sondern die durch ihn beauftragte Kapitalanlageberaterin hatte beraten lassen.
Die Bank hatte die von dem Kläger erworbenen Immobilien auch nicht veräußert oder vertrieben. Sie war daher weder dazu verpflichtet, den Kläger über die Gefahren und die Risiken bei der Verwendung des von ihr gewährten Darlehens aufzuklären, noch darüber, ob die Geldanlage wirtschaftlich, rentabel oder zweckmäßig sei. Allein der Kläger trägt ausschließlich das Risiko einer für ihn unwirtschaftlichen Geldanlage.
Möglicherweise wäre die Bank dann zum Schadenersatz verpflichtet gewesen, wenn der Kläger ihr hätte nachweisen können, dass sie Kenntnis von einem unlauteren Vorgehen der Beraterin gehabt hatte.
Diesen Nachweis konnte der Kläger aber nicht erbringen.
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