Donnerstag, 26. September 2013

Risikolebensversicherung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 23. April 2013 entschieden (Az.: VIII R 4/10), dass Beiträge für eine Risikolebensversicherung in der Regel nicht betrieblich veranlasst sind, wenn sich die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegenseitig zum Abschluss einer Versicherung auf den Todesfall verpflichten, um sich gegen die wirtschaftlichen Folgen des Ausfalls eines Gesellschafters abzusichern.

Geklagt hatte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) geführte Anwaltskanzlei. Das für sie zuständige Finanzamt hatte sich geweigert, die Beiträge zweier Risikolebensversicherungen als Betriebsausgaben anzuerkennen. Die beiden Gesellschafter der Kanzlei hatten sich im Gesellschaftsvertrag dazu verpflichtet, für das Leben des jeweils anderen Gesellschafters eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Durch die Verträge sollte der durch den Tod eines Gesellschafters drohende Umsatzausfall abgedeckt und die Fortführung der Kanzlei gesichert werden.
Als sich das Finanzamt geweigert hatte, die Beiträge für die Verträge als Sonderbetriebsausgaben anzuerkennen, landete der Streit vor Gericht, wo die GbR in sämtlichen Instanzen eine Niederlage erlitt.
Nach Meinung des BFH hängt es von der Art des versicherten Risikos ab, ob die von einer GbR gezahlten Versicherungsbeiträge steuerlich als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, sind die Prämien Betriebsausgaben und die Versicherungsleistungen Betriebseinnahmen. Entscheidend ist, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, was insbesondere bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall sein kann, weil die Risikoursache im betrieblichen Bereich liegt. Nur dann sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren gewähren, der betrieblichen bzw. der beruflichen Sphäre zuzurechnen.
Somit sind Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken und sind folglich der privaten Lebensführung zuzurechnen. Solche Gefahren sind beispielsweise das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden.
Nach Auffassung der Richter ist in der entschiedenen Sache davon auszugehen, dass der Beruf eines Rechtsanwalts mit keinen erhöhten berufsspezifischen Risiken verbunden ist, zu versterben. Mit dem Tod eines Anwalts verwirklicht sich vielmehr ein allgemeines Lebensrisiko, das der Privatsphäre zuzurechnen ist, so dass die Zahlung der Versicherungsbeiträge nicht betrieblich veranlasst ist.
Steuerlich irrelevant ist, ob die Versicherungsleistungen aufgrund internen Vereinbarungen für den Betrieb verwendet werden sollen, da die berufliche Veranlassung von Versicherungsprämien sich ausschließlich nach der Art des versicherten Risikos richtet.
Ansonsten bestünde die Möglichkeit, durch die Begründung einer gesellschafts-rechtlichen Verpflichtung Aufwand, der der Absicherung eines Risikos der privaten Lebensführung dient, in den betrieblichen Bereich zu verlagern.
Die BFH-Richter wiesen in ihrer Entscheidung klarstellend darauf hin, dass Prämienzahlungen einer GmbH für Risikolebensversicherungen auf das Leben ihrer Gesellschafter, für die sie selbst bezugsberechtigt ist, als Betriebskosten abziehbar sind. Dies sei nicht widersprüchlich, da die Besteuerung von Kapitalgesellschaften in diesem Punkt anderen Regeln folge, da bei diesen kein privater Bereich existiere.
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Donnerstag, 19. September 2013

Aufgepasst beim Türöffnen!

Das Amtsgericht Ellwangen hat mit Urteil vom 7. September 2012 (Az.: 2 C 396/11) entschieden, dass in der Regel der Fahrer des geparkten Fahrzeugs ganz überwiegend für den Unfall verantwortlich sei, wenn es beim Öffnen der Fahrertür eines geparkten Personenkraftwagens zu einer Kollision mit einem Fahrzeug des fließenden Verkehrs kommt.

Mit seinem Pkw befuhr der Kläger eine innerstädtische Straße, als in Höhe eines Kindergartens unvermittelt dir Fahrertür eines dort geparkten Fahrzeugs geöffnet wurde. Bei der anschließenden Kollision wurde die vordere rechte Frontpartie des klägerischen Fahrzeugs beschädigt. Als der Kläger gegenüber der Halterin des geparkten Fahrzeugs Schadenersatzansprüche geltend machte, erlebte er eine Überraschung. Diese war der Meinung, dass der Unfall bei genügender Aufmerksamkeit des Klägers hätte vermieden werden können.
Denn schließlich sei die Fahrertür zum Zeitpunkt des Unfalls nur eine Fingerspanne weit geöffnet gewesen. Die Beklagte wollte sich daher nur zu einem geringen Teil an den Aufwendungen des Klägers beteiligen und machte ihrerseits Schadenersatzansprüche geltend.
Schließlich landete der Fall vor Gericht, wo beide Unfallbeteiligten Federn lassen mussten.
Ein gerichtlich hinzugezogener Sachverständiger konnte zwar keine Angaben dazu machen, wie lange die Fahrertür vor der Kollision geöffnet worden war. Nach seinen Feststellungen wurde die Tür jedoch nicht nur ein wenig, sondern mindestens 70 bis 75 cm weit geöffnet.
Nach Auffassung des Gerichts ist die Beklagte daher überwiegend für den Unfall verantwortlich, da sie gegen die ihr gemäß § 14 Absatz 1 StVO obliegende Verpflichtung verstoßen hat, nach welcher man sich beim Ein- oder Aussteigen so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Wenn die Beklagte vor dem Öffnen der Tür ausreichend nach hinten geschaut hätte, so hätte sie das sich nähernde Fahrzeug des Klägers wahrnehmen und den Unfall verhindern können.
Nach richterlicher Meinung trifft den Kläger jedoch ein Mitverschulden. Der Sachverständige hatte nämlich ausgesagt, dass er durchaus hätte wahrnehmen können, dass auf dem Fahrersitz des am Straßenrand geparkten Fahrzeugs der Beklagten eine Person saß.
Daher musste der Kläger damit rechnen, dass möglicherweise die Fahrertür geöffnet werden würde. Er hätte daher mit einem entsprechend großen Sicherheitsabstand an dem Fahrzeug vorbeifahren müssen. Der Kläger muss ein Viertel seines Schadens selber tragen, da er sich nicht wie ein sogenannter Idealfahrer verhalten hat.
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Donnerstag, 12. September 2013

Anwälte und Ärzte "unter einem Dach" zulässig?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem erst kürzlich veröffentlichten Vorlagebeschluss die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) enthaltene "Sozietätsverbot" zwischen Anwälten und Ärzten gegen Verfassungsrecht verstößt (Beschluss vom 16.05.2013, Az. II ZB 7/11, Abruf-Nr. 132430).

Ein Rechtsanwalt und eine Ärztin, die zugleich auch Apothekerin ist, gründeten eine Partnerschaftsgesellschaft und meldeten diese beim Amtsgericht zur Registereintragung an. Die Gesellschafter führten in diesem Zusammenhang aus, dass in der Partnerschaft weder Heilkunde am Menschen ausgeübt noch eine Apotheke betrieben werde. Vielmehr sollte die Ärztin und Apothekerin gutachterlich und beratend mit dem Rechtsanwalt tätig werden.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht haben die Eintragung abgelehnt. Dieser stehe § 59a BRAO entgegen. Die Norm erlaube Rechtsanwälten, sich mit Mitgliedern einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur gemeinschaftlichen Berufsausübung zu verbinden. Ärzte und Apotheker seien dort nicht aufgeführt. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift kam nach Ansicht der richter nicht infrage; eine Lockerung sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken sahen die unteren Instanzen nicht.
Der BGH dagegen scheint von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des "Sozietätsverbots" zwischen Anwälten und Ärzten nicht überzeugt. Der mit dem Fall betraute Senat legte das Thema dem BVerfG zur Entscheidung vor. Dieses wird nun zu prüfen haben, ob die vorgenannte Vorschrift mit der Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz (GG), dem Gleichheitsansatz aus Art. 3 GG und der Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 GG vereinbar ist.

Mit Spannung wird erwartet, wie das BVerfG über die vorgelegte Frage entscheidet und ob bald eine Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Rechtsanwälten "unter dem Dach einer Gesellschaft" möglich sein wird. Jedoch bleibt zu beachten, dass es Ärzten nach § 23b der Musterberufsordnung der Ärzte in der jeweiligen kammerrechtlich umsetzenden Fassung berufsrechtlich nur dann gestattet ist, mit Angehörigen freier Berufe in allen Rechtsformen zu kooperieren, wenn bei der Zusammenarbeit mit Nichtmedizinern die Heilkunde am Menschen nicht ausgeübt wird. Die Behandlung von Patienten in einer Arzt-Rechtsanwalts-Gesellschaft wird also ungeachtet der Entscheidung des BVerfG weiterhin nicht zulässig sein.
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Donnerstag, 5. September 2013

Wenn Feuer auf ein Fahrzeug übergreift

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 28.05.2013 entschieden (Az.: 9 S 319/12), dass bei einem auf ein anderes Auto infolge eines technischen Defekts übergreifenden Feuer an einem geparktem Fahrzeug, dessen Halter in der Regel den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer jenes Fahrzeugs in Anspruch nehmen kann, von welchem das Feuer ausgegangen ist.

In einer Tiefgarage hatte der Kläger sein Auto neben dem Pkw des Beklagten abgestellt. Aufgrund eines technischen Defekts geriet das Fahrzeug des Beklagten in Brand, das Feuer griff auf das Auto des Klägers über und beschädigte es schwer. Der Kläger verlangte von dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Beklagten, den Fahrzeugschaden zu erstatten. Denn schließlich habe sich der Zwischenfall im weitesten Sinne beim Betrieb des Kfz gemäß § 7 Absatz 1 StVG ereignet. Daher sei der Versicherer des Beklagten schadenersatzpflichtig.
Das in erster Instanz angerufene Amtsgericht wollte sich dem nicht anschließen.
Die Beweisaufnahme ergab, dass sich der Schaden mehr als 24 Stunden nach dem Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten ereignet hatte. Daher fehle es an einem zurechenbaren Ursachenzusammenhang im Sinne des Straßenverkehrsgesetzes.
Die in der Berufungsinstanz angerufenen Richter des Karlsruher Landgerichts sahen das anders und gaben der Schadenersatzklage statt.
Nach Meinung der Berufungsrichter ist der Begriff "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entsprechend dem weitgehenden Schutzzweck des Gesetzes weit auszulegen. Deswegen genügt es, dass sich eine von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat.
In dem entschiedenen Fall war davon auszugehen. Unbestritten ist, dass es infolge eines technischen Defekts zu einer Selbstentzündung des Fahrzeugs des Beklagten und dadurch zu einem Brand gekommen ist, der auf das Fahrzeug des Klägers übergegriffen hat.
Unerheblich ist, dass zwischen dem Abstellen des Fahrzeugs und der Selbstentzündung mehr als ein Tag vergangen ist. Denn zwischen der Selbstentzündung und dem hieraus resultierenden Schaden am Nachbarfahrzeug besteht ein enger und unmittelbarer Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs des Beklagten. Es ist daher ein Zurechnungs-Zusammenhang zu bejahen.
Daher wurde der Kfz-Haftpflichtversicherer des Beklagten zum Schadenersatz verurteilt.
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