Donnerstag, 28. November 2013

BGH-Urteil zur Mehrwertsteuer-Erstattung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 2. Juli 2013 entschieden (Az.: VI ZR 351/12), dass ein Unfallgeschädigter, der einen Fahrzeugschaden auf Basis eines Gutachtens abrechnet und bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges keine Mehrwertsteuer zahlen muss, diese auch nicht von dem Versicherer des Schädigers ersetzt verlangen kann.

Ein Autofahrer und spätere Kläger (nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt) wurde mit seinem Personenkraftwagen schuldlos in einen Verkehrsunfall verwickelt.
Der Wiederbeschaffungswert seines Fahrzeuges wurde von einem Sachverständigen mit 22.000,- Euro brutto bzw. 18.487,- Euro netto ermittelt.
Als sich der Kläger von privat ein Ersatzfahrzeug im Wert von 14.700,- Euro beschafft hatte, verlangte er von dem Versicherer des Unfallverursachers, der zwischenzeitlich auf Basis des Nettowiederbeschaffungs-Wertes abgerechnet hatte, die Erstattung von Mehrwertsteuer. Diese hatte er fiktiv aus dem für das Ersatzfahrzeug gezahlten Preis errechnet.
Sowohl die Vorinstanzen als auch der vom Kläger in Revision angerufene BGH sahen das anders.
Nach Meinung der Richter schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag gemäß § 249 Absatz 2 Satz 2 BGB die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Dies bedeutet aber, dass sie der Geschädigte aus seinem Vermögen tatsächlich hat aufwenden müssen oder sich hierzu verpflichtet hat.
Vorliegend hatte der Kläger das Ersatzfahrzeug aber von privat gekauft und musste keine Mehrwertsteuer zahlen.
Daher hat er auch keinen Anspruch auf Erstattung eines fiktiven Mehrwertsteuerbetrages.
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de

Donnerstag, 21. November 2013

BGH-Urteil: alte LV-Policen ohne höheren Rückkaufswert

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (Az.: IV ZR 17/13), dass für alle zwischen 2002 und 2007 abgeschlossenen Lebensversicherungen (LV) beitragsfreie Versicherungssumme und Rückkaufswert die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals nicht unterschreiten dürfen. Damit folgt der BGH seiner Linie, die er bereits für die Tarifgeneration 1994 bis 2001 mit Urteil vom 12. Oktober 2005 vorgezeichnet hatte. Damals ging es auch um die Frage, wie im Falle rechtsunwirksamer Klauseln in den Versicherungsbedingungen der Rückkaufswert von Lebensversicherungen bei Kündigung zu berechnen ist.

Zwei Versicherte sind mit ihrer Klage vor dem BGH gescheitert, die für ihre 2004 vereinbarten und 2009 gekündigten Lebensversicherungen höhere Auszahlungen verlangt hatten.
Der 4. BGH-Senat hatte auch zu den zwischen 2002 und 2007 abgeschlossenen Lebensversicherungs-Policen die von der Branche für den Fall von Beitragsfreistellung und Kündigung verwendeten Klauseln beanstandet. Dem Urteil vom 25. Juli 2012 gegen die Deutscher Ring Lebensversicherung AG folgten Entscheidungen gegen die Generali Lebensversicherung AG und andere Versicherer.
Nach eigenen Angaben hatte der BGH "nicht zu beurteilen, welche Rechtsfolgen sich aus der materiellen Unwirksamkeit dieser Klauseln für die Berechnung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Kündigung ergeben."
Geklagt hatten in dem jetzt entschiedenen Rechtsstreit zwei Kunden, die ihre im Jahr 2004 abgeschlossenen Versicherungsverträge im Jahr 2009 gekündigt hatten. Sie hatten von ihren Versicherern unter Berufung auf das Urteil vom 25. Juli 2012 höhere als die bereits ausgezahlten Rückkaufswerte verlangt.
Eine Nachzahlung hatte ihnen das Gericht nicht zugestanden. Der BGH führte in seiner Pressemitteilung vom 11. September 2013 aus, dass bei der Berechnung des Rückkaufswerts alle bis Ende 2007 geschlossenen Verträge, denen die unwirksamen Klauseln zugrunde lagen, nach denselben Grundsätzen behandelt würden.
Erst bei ab 2008 abgeschlossenen Verträgen sei für die Berechnung des Rückkaufswerts die Regelung des § 169 Abs. 3 Satz 1 VVG maßgeblich. Eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auf vor dem 1. Januar 2008 vereinbarte Policen komme demgegenüber ausweislich des gesetzgeberischen Willens nicht in Betracht.
Die für ab 2008 abgeschlossene Versicherungen geltende Neuregelung sei in der Mehrzahl der Fälle für die Versicherten die günstigere. Dies ließe sich aber nicht mit Gewissheit für alle gekündigten Verträge behaupten. Die Höhe der Abschlusskosten und ihre exakte Verrechnung hätten die zwei beklagten Versicherer in dem Verfahren bis zum Schluss nicht offengelegt.
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de

Donnerstag, 14. November 2013

Neue Haftung beim Zusammenschluss von Arztpraxen

Beim Zusammenschluss von Arztpraxen zu einer Teilberufsausübungsgemeinschaft (TBAG), der Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) oder einer GmbH ergibt sich für die Ärzte eine veränderte Haftungsproblematik. Darauf weist jetzt die HDI Versicherung hin.

Es sei "ein Trugschluss zu meinen, dass aufgrund der unveränderten eigenen ärztlichen Tätigkeit innerhalb eines Fachgebietes die Haftungssituation identisch bliebe", so eine Information der HDI Versicherung. Bei einer Teilberufsausübungsgemeinschaft entstehe zum Beispiel eine gesamtschuldnerische Haftung für das Tun der Kollegen anderer Fachgebiete.
Wichtig sei, bei Zusammenschlüssen generell auch die Berufs- und Betriebshaftpflicht zu besprechen und den entsprechenden Versicherungsschutz zu vereinheitlichen. Die professionelle Beratung zu Haftungsfragen sei unerlässlich. Eine umfassende Abdeckung sollte hier Vorrang haben. Schließlich könnten nicht versicherte Schäden aus der beruflichen Tätigkeit existenzbedrohend sein. Überdies verweist die HDI auf die Spätschadenproblematik. Denn nicht selten würden Schäden, die im Rahmen der Arzthaftpflicht geltend gemacht werden, erst viele Jahre nach der ärztlichen Behandlung entdeckt und gemeldet.
Für immer mehr niedergelassene Ärzte ergeben sich auch "Teilaufgaben aus dem stationären Sektor - sei es durch Kooperationsverträge mit den Kliniken oder durch Honorarärzte, um personelle Engpässe der Kliniken aufzufangen", erläutert die HDI Versicherung. Eine Rechtsberatung zur Vertragsgestaltung mit dem Krankenhaus, das meist über eine eigene juristische Abteilung verfügt, und eine versicherungstechnische Beratung seien hier unverzichtbar. Denn die Situation der Haftungsabgrenzung und Zuordnung der Verantwortlichen werde immer komplexer. So versuchen Patientenanwälte, "alle an der Behandlung Beteiligten in Anspruch zu nehmen - auch wenn sie von dem Vorwurf der Fehlbehandlung gar nicht betroffen sind".
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de

Donnerstag, 7. November 2013

Vollkaskoschutz bei Reifenplatzen durch Fremdkörper

Das Landgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 20. August 2013 entschieden (Az.: 9 O 95/12), dass ein Vollkaskoversicherer zur Leistung verpflichtet ist, wenn ein Reifen wegen einer auf der Fahrbahn liegenden Schraube platzt und dadurch das versicherte Fahrzeug beschädigt wird.

Im Januar 2002 war der Kläger mit seinem Personenkraftwagen auf einer Autobahn unterwegs, als plötzlich der hintere rechte Reifen platzte. Zwar konnte er sein Fahrzeug zum Stehen bringen, jedoch verursahte der geplatzte Reifen der Karosserie des Autos Schäden in Höhe von über 6.000,- Euro. Diesen Schaden machte der Kläger gegenüber seinem Vollkaskoversicherer geltend, da ein Sachverständiger festgestellt hatte, dass der Reifen wegen eines größeren, in ihn eingefahrenen Fremdkörpers (Schraube oder Bolzen), geplatzt war.
Daher war der Kläger der Meinung, dass es sich um einen im Rahmen einer Vollkaskoversicherung versicherten Unfall gehandelt hatte. Denn wenn sich ein Fremdkörper in die Lauffläche eines Reifens bohre, sei dieses ein von außen auf das Fahrzeug einwirkendes, plötzlich und unerwartetes Ereignis.
Dagegen behauptete der Versicherer, dass es sich um einen typischen Betriebsschaden handele, der nicht Gegenstand einer Vollkaskoversicherung sei. Er lehnte es daher ab, den Schaden zu regulieren.
Der Streit landete vor dem Karlsruher Landgericht, wo der Versicherer eine Niederlage erlitt.
Nach Auffassung der Richter handelt es sich bei einem durch einen von außen eingedrungenen Fremdkörper verursachten Reifenplatzer um einen Unfall und nicht um einen Schaden wegen eines Betriebsvorgangs.
Bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungs-Bedingungen (AVB) kommt es darauf an, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusamenhangs die Klausel verstehen muss.
Aus der Tatsache, dass bedingungsgemäß zum Beispiel Schäden durch Brems- oder Betriebsvorgänge nicht versichert sind, ergibt sich aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherten, dass kein Versicherungsschutz aufgrund von Fehlern des Versicherungsnehmers sowie für Schäden aufgrund von Abnutzung und Verschleiß besteht. Im Umkehrschluss ergibt sich aus dieser Auslegung zugleich, dass im Grundsatz solche Schäden versichert sein müssen, bei denen die Unfalldefinition zutrifft und zudem weder Abnutzung noch ein Bedienungsfehler als Ursache in Betracht kommt.
Dagegen spricht auch nicht, dass der eigentliche Schaden, d.h. das Platzen des Reifens mit der Beschädigung der Karosserie, im Fall des Klägers erst nach dem allmählichen Einarbeiten des Fremdkörpers in den Reifen aufgetreten ist.
Deswegen hat der Versicherer den Fahrzeugschaden unter Abzug der Selbstbeteiligung zu bezahlen.
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de