Donnerstag, 5. April 2012

Zankapfel Leitungswasserschaden


Der 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln hat am 12. Oktober 2010 entschieden (Az.: 9 U 64/10), dass sich der für den Gebäudeinhalt zuständige Leitungswasser-Versicherer in der Regel nicht auf Leistungsfreiheit berufen kann, wenn nach einem Rohrbruch im Rahmen zwingend notwendiger Reparaturarbeiten versicherte Sachen zerstört oder beschädigt werden.


Bei dem beklagten Versicherer hatte der Kläger für sein Wäschemodengeschäft eine gebündelte Geschäftsversicherung unter Einschluss des Leitungswasserrisikos abgeschlossen. Im Januar 2009 bemerkte ein unter dem Ladenlokal wohnender Mieter von der Decke herabtropfendes Wasser. Die von ihm benachrichtigte Hausverwaltung beauftragte daraufhin umgehend eine Sanitärfirma mit der Beseitigung der Ursache des Wasseraustritts. Der Monteur dieser Firma öffnete dazu in großem Umfang den Fußboden des Geschäfts um nach der Ursache zu suchen. Dabei stellte sich heraus, dass ein Heizungsrohr defekt war. Das hatte unter anderem zu einer Durchfeuchtung der hölzernen Fußbodenplatten geführt.
Vor Beginn der Reparaturarbeiten wurden weder die Waren noch die Geschäftseinrichtung abgedeckt, da während der Reparaturarbeiten nur eine Aushilfe in dem Laden anwesend war und der Kläger erst von der Sache erfuhr, nachdem die Arbeiten durchgeführt worden waren. Dadurch entstand an den Sachen ein erheblicher Schaden durch Staub, Schimmel und Bakterien.
Der Leitungswasser-Versicherer wollte nicht zahlen, als er vom Kläger in Anspruch genommen wurde.
Nach Ansicht des Versicherers war nicht etwa Leitungswasser die Ursache für den dem Versicherten entstandenen Schaden, sondern eine unsachgemäße Reparatur. Derlei Schäden seien aber nicht Gegenstand einer Leitungswasser-Versicherung.
Die Richter des Kölner Oberlandesgerichts wollten dem nicht folgen und gaben der Klage des Versicherten auf Gewährung von Versicherungsschutz statt.
Die Richter waren überzeugt, dass die Schäden am Warenbestand des Klägers „adäquat kausal“ auf den Wasserschaden zurückzuführen sind. Zwar sind die Waren nicht direkt mit dem aus dem Leck austretenden Leitungswasser in Berührung gekommen. Die Kontamination mit Staub, Schimmel und Bakterien ist jedoch eine unmittelbare Folge des Rohrbruchs.
Aus den dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen ergibt sich, dass nur Schäden „durch“ Leitungswasser versichert sind. Allerdings wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass das bestimmungswidrig austretende Leitungswasser lediglich die adäquate Ursache eines Schadens sein muss, ohne dass das Wasser selbst mit den versicherten Gegenständen in Berührung gekommen sein muss.
Die Richter nannten eine Beschädigung durch einstürzendes Mauerwerk, das eine versicherte Sache beschädigt, weil es zuvor infolge eines Rohrbruchs marode geworden ist, als Beispiel. Auch in so einem Fall würde Versicherungsschutz bestehen. Als weiteres Beispiel wurde ein durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser verursachter Kurzschluss genannt, durch den eine Kühlanlage ausfällt mit der Folge, dass versicherte Sachen beschädigt oder zerstört werden.
Vorliegend war es unabdingbar, dass zur Feststellung der Ursache des Wasseraustritts der Fußboden geöffnet werden musste. Diese Arbeiten sind aber zwangsweise mit einer Staubentwicklung verbunden.
Die dadurch verursachten Schäden stehen selbst dann noch in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem durch die Leitungswasser-Versicherung versicherten Wasseraustritt, wenn die Reparaturarbeiten möglicherweise unsachgemäß ausgeführt wurden. Denn von einem völlig ungewöhnlichen und unsachgemäßen Verhalten des ausführenden Monteurs und der Mitarbeiterin des Versicherten kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden.
Das Urteil ist rechtskräftig.
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen