Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat am
20. September 2011 entschieden (Az.: 12 U 89/11), dass ein Versicherer sich
nach einem Einbruchdiebstahl nicht auf (teilweise) Leistungsfreiheit wegen der
verspäteten Einreichung einer Stehlgutliste berufen kann, wenn er den
Versicherten bei der Schadenmeldung nicht ausdrücklich auf die Folgen einer
nicht unverzüglichen Vorlage hingewiesen hat.
Der Kläger
war am 14. März 2010 Opfer eines Einbruchdiebstahls geworden. Dabei wurde
insbesondere Schmuck gestohlen.
Den Schaden
meldete er unverzüglich seinem Versicherer sowie der Polizei, ohne dabei von
dem Versicherer auf die möglichen rechtlichen Folgen einer verspäteten
Einreichung einer Liste der gestohlenen Sachen hingewiesen zu werden. Für den
Versicherten erwies es sich als schwierig, kurzfristig eine Aufstellung zu
erstellen. Denn um Angaben zum Wert insbesondere der Schmuckstücke machen zu
können, musste er alte Kontoauszüge durchsehen, nach Fotos suchen und diese
Juwelieren zur Bewertung vorlegen. Ein Teil des wertvollen Schmucks war nämlich
vor über 20 Jahren angeschafft worden.
Darüber
hinaus musste er zwei Wochen nach dem Ereignis eine seit längerem gebuchte
14-tägige Reise antreten, was die Erstellung der Stehlgutliste ebenfalls
verzögerte.
Die
detaillierte Liste wurde schließlich zwei Monate später der Polizei und dem
Versicherer zugeleitet. Ein von diesem beauftragter Gutachter ließ den Kläger
Anfang Juni eine Abfindungserklärung über einen Betrag von rund 28.500,00 Euro
unterzeichnen, das allerdings vorbehaltlich der Zustimmung des Versicherers.
Allerdings
war der Versicherer nicht dazu bereit, dem Kläger den tatsächlich entstandenen
Schaden zu erstatten. Nach seiner Meinung hatte dieser die Stehlgutliste
nämlich grob fahrlässig verspätet eingereicht und den Ermittlungsbehörden so
jegliche Chance für eine erfolgreiche Fahndung genommen. Als Entschädigung bot
der Versicherer dem Kläger daher lediglich 5.000,00 Euro an, womit dieser nicht
einverstanden war.
Er trug in seiner
gegen den Versicherer eingereichten Klage vor, dass dieser ihn bei der Meldung
des Schadens hätte darauf hinweisen müssen, dass die Stehlgutliste unverzüglich
einzureichen ist. Der Versicherer hätte ihn vor allem über die Folgen einer
verspäteten Einreichung aufklären müssen. Das aber sei nachweislich unterblieben.
Ferner habe
er angesichts der Schwierigkeiten, die sich bei der Erstellung der
Stehlgutliste ergeben hatten, allenfalls leicht fahrlässig gehandelt, zumal er
davon ausgehen musste, dass keine Eile geboten war. Denn schließlich hätte die
Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen bereits am 31. März 2010 eingestellt.
Anders als
die Vorinstanz fanden die Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe diese
Argumentation überzeugend und gaben der Klage des Versicherten statt. Sie verurteilten
den Versicherer dazu, ihm seinen gesamten Schaden zu erstatten. Der Versicherer
konnte sich allein schon deswegen nicht auf teilweise Leistungsfreiheit wegen
grober Fahrlässigkeit berufen, weil er es bei der Schadenmeldung entgegen den Bestimmungen
von § 28 Absatz 4 VVG versäumt hat, den Versicherten auf die
Folgen einer verspäteten Einreichung der Stehlgutliste hinzuweisen. Zudem wird
dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Erläuterung seitens der Polizei
oder des Versicherers nicht bekannt sein, welche Detailangaben in welchem
Zeitraum für einen raschen Fahndungserfolg erforderlich sind.
Die Richter erläuterten
an einem Beispiel, wie schwierig es für einen durchschnittlichen Versicherten
ist, präzise Angaben zu machen. Demnach hatten sie selbst versucht, allein aus
dem Gedächtnis in ihrem Haushalt vorhandene Schmuckstücke für eine
Identifizierung brauchbar zu beschreiben, ohne dass ihnen das wirklich gelungen
wäre. Daraus schlossen die Richter, dass Vieles dafür spricht, dass ein am Fahndungserfolg
interessierter Versicherer dem betroffenen Versicherungsnehmer unverzüglich
jemanden zur Seite stellt, der Gegenstand und Umfang der Meldungen mit ihm
bespricht, und seine berechtigten Belange mit konkreten Auskunftsverlangen und
Weisungen im Sinne der Versicherungs-Bedingungen wahrt.
Die Gesamtumstände
sprechen nach Überzeugung des Gerichts gegen grobes Verschulden.
Daher kann
sich der Versicherer auch aus diesem Grund nicht auf (teilweise) Leistungsfreiheit
berufen.
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