Das Landgericht Lübeck hat
mit Urteil vom 8. Juli 2011 entschieden (Az.: 1 S 16/11), dass ein Geschädigter,
der nach einem unverschuldeten Unfall vorübergehend auf sein Fahrrad verzichten
muss, unter Umständen einen Anspruch auf Zahlung einer
Nutzungsausfall-Entschädigung hat.
Mit seinem
Fahrrad war der Kläger auf dem Weg in sein Büro, als er unverschuldet in einen
Unfall verwickelt wurde. Bei dem Unfall zog er sich zwar keine nennenswerten
Verletzungen zu. Sein neuwertiges, mehrere tausend Euro teures Fahrrad wurde
jedoch so schwer beschädigt, dass er ein Ersatzfahrrad bestellen musste. Dieses
Fahrrad wurde nach 35 Tagen geliefert.
Der
Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers wies seine Forderung, ihm für
diese Zeit eine Nutzungsausfall-Entschädigung zu zahlen, als unbegründet
zurück. Denn die Zahlung einer solchen Entschädigung sei nur bei einem
zwangsweisen Verzicht auf ein Kraftfahrzeug üblich. Als Inhaber eines
Mietwagenunternehmens wäre es dem Kläger im Übrigen zumutbar gewesen, eines
seiner Mietfahrzeuge zu nutzen.
Die Richter
des Lübecker Landgerichts teilten diese Auffassung nicht und gaben - anders als
die Vorinstanz - der Klage auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung
statt.
Dem Kläger steht
nach Ansicht des Gerichts eine entsprechende Entschädigung zu, auch wenn die
Grundsätze zur Zahlung einer Nutzungsausfall-Entschädigung zunächst einmal für
die Fälle der entgangenen Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs entwickelt
wurden. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Nutzungsausfall dann
als ein zu ersetzender Vermögensschaden anzusehen, wenn ein Gegenstand zerstört
oder beschädigt wurde, auf dessen ständige Verfügbarkeit ein Geschädigter
angewiesen ist.
Da der
Kläger sein Fahrrad aber nachweislich für seinen regelmäßigen Weg zur Arbeit
nutzte, ist es nach Ansicht der Richter nicht gerechtfertigt, ihn schlechter zu
stellen als den Halter eines Kraftfahrzeugs, dem in einem vergleichbaren Fall
ebenfalls die Zahlung einer Nutzungsausfall-Entschädigung zustehen würde.
Dem
Entschädigungsanspruch steht auch nicht entgegen, dass der Kläger als Inhaber
einer Autovermietungsfirma die Möglichkeit hatte, auf eines seiner
Mietfahrzeuge zurückzugreifen. Denn er war auch im Rahmen seiner ihm
obliegenden Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB
nicht dazu verpflichtet, mögliche Mieteinbußen hinzunehmen.
Neben seinem
hochwertigen Stadtrad verfügte der Kläger nachweislich auch noch über mehrere
Rennräder. Der Versicherer durfte ihn auch auf deren ersatzweise Nutzung nicht
verweisen. Denn diese waren unter anderem nicht mit Schutzblechen ausgestattet.
Bei Regen hätte der Kläger daher mit erheblichen Spritzern auf seiner Kleidung
rechnen müssen. Das war ihm nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht zuzumuten.
Die Richter
orientierten sich bei der Berechnung der Höhe des Nutzungsausfalls mangels
entsprechender Tabellen an dem Vorschlag eines Sachverständigen. Dieser legte
seiner Berechnung die ortsübliche Miete für ein gutes Leihfahrrad zuzüglich
eines kräftigen Zuschlags wegen der Hochwertigkeit des klägerischen Fahrrades
zugrunde.
Das Gericht
kürzte die so errechnete Summe um den geschätzten Gewinn eines Vermieters,
wobei die Richter einen Abschlag von 40 % für gerechtfertigt hielten.
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