Montag, 5. März 2012

Nur kleinste Umwege versichert


Das Sozialgericht Stuttgart hat am 26. Oktober 2010 entschieden (Az.: S 13 U 8068/09), dass ein Arbeitnehmer, der auf dem Weg von oder zu seiner Arbeitsstätte den öffentlichen Straßenraum verlässt, um sich die Auslage eines Schaufensters anzuschauen, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht.


Ein Arbeitnehmer befand sich zu Fuß auf dem Heimweg von seiner Arbeit, als ihn einfiel, sich ein Eis zu kaufen. Mit der Eistüte in der Hand wollte er sich danach die Schaufensterauslage eines Reisebüros anschauen. Dazu musste er den Bürgersteig verlassen und fünf Treppenstufen erklimmen. Dabei stürzte er und brach sich den Außenknöchel.
Wenngleich seine Krankenkasse die Behandlungskosten übernahm, verlangte diese jedoch von der Berufsgenossenschaft des Versicherten die Erstattung, da sich der Mann auf dem direkten Weg zwischen seiner Arbeitsstätte und seiner Wohnung befunden und somit einen durch die Berufsgenossenschaft versicherten Wegeunfall erlitten habe.
Die Richter des Stuttgarter Sozialgerichts wollten dem nicht folgen und wiesen die Klage der Krankenkasse gegen den gesetzlichen Unfallversicherer als unbegründet zurück.
Wenn ein Beschäftigter auf den unmittelbaren Wegen von bzw. zu seiner Arbeitsstätte verunglückt, so steht er nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Unfall in einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht. Ein Versicherter ist allerdings auch geschützt auf ganz kleinen, privaten Zwecken dienenden Umwegen, die nur zu einer unbedeutenden Verlängerung des Weges führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die private Besorgung im Bereich der Straße selbst, mithin „im Vorbeigehen“ erledigt wird.
Eine Unterbrechung des Weges führt nur im Ausnahmefall nicht zu einer gleichzeitigen Unterbrechung des Versicherungsschutzes, wenn sie nur ganz geringfügig ist, d.h., wenn die private Verrichtung sich nebenher erledigen lässt, etwa um einen Brief in einen am Weg liegenden Briefkasten zu werfen oder Zigaretten aus einem Automaten zu ziehen.
Daher stand der Verletzte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, als er sich das Eis kaufte. Denn die Eisdiele befand sich unmittelbar neben dem Bürgersteig. Um sich die Auslage des Reisebüros anzuschauen, musste er jedoch den öffentlichen Straßenraum verlassen und fünf Stufen erklimmen. Er hat seinen Heimweg daher unterbrochen und stand folglich nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
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