Das Landgericht Hannover hat mit
Urteil vom 17. September 2010 entschieden (Az.: 13 O 153/08), dass ein
Fotoapparate-Versicherer im Falle eines Diebstahls in der Regel nicht dazu
berechtigt ist, seine Leistungen „auf Null“ zu kürzen, selbst wenn ein
Versicherter auf dem Gelände eines Flughafens keinen ständigen Sicht- bzw.
Körperkontakt zu seiner wertvollen Fotoausrüstung hat.
Ein
selbstständiger Kameramann hatte geklagt, der für seine Kameraausrüstung bei
der Beklagten eine Film- und Fotoapparate-Versicherung abgeschlossen hatte. Der
Kläger flog im Januar 2008 für Dreharbeiten nach Valencia. Weil er dort bei der
Ankunft sein aufgegebenes Gepäck nicht auffand, begab er sich zusammen mit
einem ihm begleitenden Mitarbeiter zum „Lost & Found-Schalter“. Dabei
führte er auf einem Trolley sein aus zwei Taschen bestehendes Handgepäck mit,
in welchem sich seine Kameraausrüstung im Neuwert von mehr als 40.000 Euro
befand.
Obwohl er
sich seinen eigenen Angaben zufolge in Tuchfühlung mit dem Trolley befand und
er eine der Taschen mit einer Jacke abgedeckt hatte, gelang es einem
unbekannten Täter, während des Gesprächs mit einer Flughafenangestellten wegen
des nicht angekommenen Gepäcks die beiden Taschen zu entwenden.
Nachdem er
wegen des Schadens seinen Fotoapparate-Versicherer in Anspruch nehmen wollte,
verweigerte dieser die Leistungsübernahme, da der Versicherte den Schaden grob
fahrlässig verursacht habe. Denn angesichts der Tatsache, dass er sich auf
einem Flughafengelände befand, hätte der Kameramann die Taschen entweder am
Körper tragen oder sie laufend im Blick behalten müssen, so der Versicherer. Er
hielt den Einwand des Klägers nicht für stichhaltig, dass sich im Umfeld des
Lost & Found-Schalters nur wenige Personen aufgehalten hatten und es ihm
unmöglich war, die Taschen wegen ihrer Sperrigkeit und ihres Gewichts am Körper
zu tragen.
Die Richter
beurteilten den Fall jedoch anders als der Versicherer und gaben der Klage auf
Zahlung einer Entschädigung für die abhanden gekommene Ausrüstung zumindest
teilweise statt.
Nach Meinung
des Gerichts ist es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unstreitig, dass dem
Kläger die beiden Taschen vor dem Flughafenschalter entwendet worden sind. Unstreitig
ist es allerdings auch, dass der Versicherte den Schaden grob fahrlässig
verursacht hat. Denn er hatte während seines Gesprächs mit der
Flughafenangestellten lediglich einen Körperkontakt zum oberen Bügel des
Trolleys, nicht jedoch zu den beiden Taschen. Der Trolley befand sich nämlich
zumindest zeitweise seitlich hinter ihm. Er hätte sich daher umdrehen müssen,
um die Taschen im Blick zu behalten. Das aber hat er unbestritten nicht getan.
„Der Kläger hat damit seine im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich
hohem Maße verletzt und dabei unbeachtet gelassen, was in dieser Situation
jedem hätte einleuchten müssen“, so das Gericht.
Nach Auffassung
des Gerichts ist es nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger die Taschen mit dem
wertvollen Inhalt nicht umgehängt hat, da ihm das bei einem Gewicht von circa
acht bis zehn Kilogramm nicht nur möglich, sondern auch zumutbar gewesen wäre.
Er hätte die Taschen ersatzweise auch zwischen seine Beine oder vor sich
abstellen können, da dann ebenfalls ein Blick- und Körperkontakt möglich gewesen
wäre.
Daher ist der
Versicherer grundsätzlich dazu berechtigt, dem Kläger wegen grober
Fahrlässigkeit die Leistung zu versagen. Dabei hat er jedoch die Schwere des
Verschuldens des Versicherten zu berücksichtigen.
Im
entschiedenen Fall hielten die Richter anders als der Versicherer eine volle
Versagung des Versicherungsschutzes für ungerechtfertigt. Denn nach der
glaubwürdigen Aussage eines Zeugen hatte der Kläger sein Gepäck für maximal
eine Minute nicht im Blick. Daher hielten die Richter eine Kürzung seines Anspruchs
um 40 Prozent für angemessen.
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