Das Hessische Landessozialgericht hat
mit Urteil vom 13. Mai 2011 (Az.: L 9 U 154/09) entschieden, dass ein Beschäftigter,
der auf der Heimfahrt von seiner Arbeit im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit
verunglückt, grundsätzlich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung steht, auch, wenn sein Arbeitgeber den Konsum von Alkohol während
der Arbeit nicht verhindert hat.
Eine junge
Witwe hatte geklagt, deren Mann auf der Heimfahrt von seiner Arbeit tödlich
verunglückt war. Ihr 30-jähriger Mann und Vater von zwei Kindern war fast zwei
Stunden nach einer Spätschicht mit seinem Auto tot in einem Straßengraben
aufgefunden worden. Ein Fremdverschulden an seinem Unfall konnte nicht festgestellt
werden. Allerdings ergab eine Blutprobe eine Alkoholkonzentration von 2,2
Promille.
Daraufhin
lehnte es die Berufsgenossenschaft des Mannes ab, seinen Hinterbliebenen eine
Entschädigung zu zahlen und berief sich darauf, dass Wegeunfälle, die ein
Versicherter wegen absoluter Fahruntüchtigkeit erleidet, grundsätzlich nicht
unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, weil in so einem
Fall der Alkoholgenuss als wesentliche Ursache für den Unfall anzusehen ist.
Die Witwe
machte in ihrer gegen die Berufsgenossenschaft gerichteten Klage geltend, dass
es im Betrieb ihres Mannes toleriert werde und üblich gewesen sei, dass während
der Arbeitszeit Alkohol konsumiert wurde. Vorgesetzte ihres Mannes hätten
mitgetrunken und selber Alkohol mit in die Firma gebracht. Der Unfall stehe
daher wegen Verletzung der Fürsorgepflicht unter dem Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung.
Die Richter
des in erster Instanz angerufenen Sozialgerichts Marburg und auch ihre Kollegen
des Hessischen Landessozialgerichts, bei dem die Witwe Berufung eingelegt
hatte, wollten dem nicht folgen.
Die Klage wurde
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beweisaufnahme
ergab, dass die absolute Fahruntüchtigkeit des Verunglückten die wesentliche
Ursache für den Unfall war. Anhaltspunkte für andere Ursachen wie etwa
Fahrzeugmängel, schlechte Straßenverhältnisse, Wildwechsel oder ein Verschulden
Dritter lagen nicht vor. Die Berufsgenossenschaft hat es daher zu Recht abgelehnt,
Hinterbliebenen-Leistungen zu erbringen.
Es besteht kein
Versicherungsschutz wegen einer möglichen Verletzung der Fürsorgepflicht des
Arbeitgebers. Selbst wenn er den Alkoholkonsum des Verunglückten geduldet haben
sollte, handelt es sich dabei um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit, die
ausschließlich der privaten Entscheidung des Versicherten unterliegt.
Nach Meinung
der Richter wäre eine mögliche Verletzung der Fürsorgepflicht nur dann in
Betracht gekommen, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz
offiziell geduldet und keinerlei Schutzvorkehrungen gegen die anschließende
Benutzung eines eigenen Verkehrsmittels getroffen hätte.
Im
vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber den Beschäftigten nämlich nicht nur
alkoholfreie Getränke zur Verfügung gestellt. In einer Betriebsvereinbarung war
darüber hinaus der Genuss von Alkohol während der Arbeitszeit ausdrücklich
verboten worden.
Die Richter haben wegen der grundsätzlichen Bedeutung
des Falls eine Revision beim Bundessozialgericht zugelassen. Es bleibt
abzuwarten, ob die Witwe von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird.------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de
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