Samstag, 5. November 2011

Augen auf beim Rückwärtsfahren


Das Landgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 10. Dezember 2010 entschieden (Az.: 13 S 80/10), dass einen rückwärts aus einer Parklücke ausparkenden Autofahrer in der Regel ein alleiniges Verschulden trifft, wenn er mit einem Fahrzeug zusammenstößt, das aus einer in unmittelbarer Nähe der Parklücke befindlichen Ausfahrt kommt.


Der Kläger befand sich mit seinem Auto in einer an einer Hauptstraße befindlichen Parklücke und war im Begriff, rückwärts auszuparken, als er mit dem aus einer in unmittelbarer Nähe befindlichen Grundstücksausfahrt kommenden Pkw der Beklagten kollidierte.
Der Rückwärtsfahrende behauptete in dem sich anschließenden Rechtsstreit zwar nicht, dass der Unfallgegner alleine für den Vorfall verantwortlich war. Er war jedoch der Meinung, dass dieser den Unfall zu zumindest 50 % mitverschuldet hatte und sich somit zur Hälfte an seinem Schaden zu beteiligen habe.
In der ersten Instanz konnte er sich mit seiner Auffassung nicht durchsetzen und legte daher Berufung beim Saarbrücker Landgericht ein, wo er nur teilweise Erfolg hatte.
Nach Meinung des Gerichts ist von einem alleinigen Verschulden des Klägers auszugehen, da er nicht nur gegen das Gebot allgemeiner Rücksichtnahme gem. § 1 Absatz 2 StVO, sondern auch gegen § 9 Absatz 5 StVO verstoßen hat, wonach sich ein Rückwärtsfahrender so zu verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Folgerichtig muss ein Rückwärtsfahrender sein Fahrzeug bei Erkennbarkeit einer Gefahr sofort anhalten.
Kollidiert er dagegen mit einem anderen Fahrzeug, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für sein Verschulden, es sei denn er kann nachweisen, angehalten zu haben. Diesen Nachweis blieb der Kläger schuldig.
Auch die Beklagte trafen als Ausfahrende aus einer Grundstücksausfahrt erhöhte Sorgfaltspflichten.
Nach Meinung des Gerichts war nicht feststellbar, dass die Beklagte das Fahrzeug des Klägers bei Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten rechtzeitig hätte erkennen und den Ausfahrvorgang abbrechen können.
Trotz allem kommen die Beklagte bzw. ihr Kfz-Haftpflichtversicherer nicht ganz ungeschoren davon, da sie den Nachweis, dass der Unfall für sie unabwendbar im Sinne von § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz) war, nicht erbringen konnte. Die Beklagte haftet daher aus der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs mit dem Ergebnis, dass sich ihr Versicherer mit einer Quote von 20 % an den Aufwendungen des Klägers beteiligen muss.
Dem Kläger kann der Vorwurf nicht gemacht werden, dass er den Unfall durch grob verkehrswidriges Verhalten verursacht hat, hinter dem eine mitwirkende Betriebsgefahr gänzlich zurücktritt.
------------------------------------------------------------- Haben Sie Fragen zu diesem Thema? Dann schreiben Sie uns an info@bellingergroup.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen