Samstag, 29. Oktober 2011

Zwei Urteil zu Fahrradunfällen


Aus zwei aktuellen Urteilen geht hervor, dass der Halter eines Kraftfahrzeug grundsätzlich auch nicht aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs haftet, wenn es zwischen einem Fahrradfahrer und einem Kfz zu einem Unfall kommt, weil der Radfahrer gegen das Gebot verstoßen hat, sein Fahrverhalten den örtlichen Verkehrsverhältnissen anzupassen.


In dem ersten, am 20. Oktober 2010 vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall (Az.: 13 U 46/10), war ein Fahrradfahrer auf einer abschüssigen Straße einem entgegen kommenden Bus ausgewichen und dabei zu Fall gekommen. Zwar musste der Radler zugeben, im Gegensatz zu dem Busfahrer nicht scharf rechts gefahren zu sein, war aber dennoch der Meinung, dass der Halter des Busses aus der wesentlich höheren Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zumindest teilweise für die Folgen des Unfalls verantwortlich sei.
Die Karlsruher Richter wollten dem nicht folgen und wiesen die Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage des Fahrradfahrers als unbegründet zurück.
Die Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger mit hoher Geschwindigkeit in der Nähe der Mittellinie der abschüssigen Straße auf eine Linkskurve zugerast war, als ihm der vorher nicht von ihm wahrzunehmende Bus entgegenkam. Bei einer den Ortsverhältnissen angepassten Fahrweise hätte nach Überzeugung des Gerichts jedoch weder die Gefahr bestanden, dass der Kläger mit dem Bus zusammenstoßen würde, noch wäre das Ausweichmanöver, welches letztlich zu seinem Sturz führte, erforderlich gewesen.
Dabei schlossen sich die Richter der Einschätzung anderer Gerichte an, dass auch dann ein innerer Zusammenhang eines Unfalls mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs besteht, wenn eine Ausweichreaktion eines zu Schaden gekommenen Verkehrsteilnehmers objektiv nicht erforderlich war. Jedoch hielten sie das das Fehlverhalten des Klägers für dermaßen gravierend, dass dahinter die Betriebsgefahr des Busses vollständig zurücktritt. Daher kann der Kläger keine Entschädigung verlangen.
Mittlerweile ist das Urteil rechtskräftig.

In einem anderen Fall, der mit Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. April 2011 (Az.: 12 U 500/10 entschieden wurde, ging es um einen eiligen Fahrradfahrer.
Der Kläger hatte mit seinem Fahrrad verkehrswidrig den Gehweg benutzt und sich einer durch Ampeln gesicherten Kreuzung genähert. Dort wartete der Beklagte in seinem Lkw darauf, nach rechts abbiegen zu können. Zunächst musste er dazu einige Fußgänger passieren lassen, deren Ampel auf grün stand. Nachdem die Fußgängerampel rotes Licht zeigte, fuhr er an und kollidierte dabei mit dem Kläger. Dieser war nämlich unmittelbar vor der Kreuzung von dem Bürgersteig auf die Fahrbahn ausgewichen, um die Kreuzung noch bei grün überqueren zu können. Damit hatte der Lkw-Fahrer nicht gerechnet.
Der bei dem Unfall schwer verletzte Radler nahm mit dem Argument, dass der Fahrer des Lastkraftwagens seine Vorfahrt missachtet und so den Unfall verschuldet habe, dessen Kfz-Haftpflichtversicherer auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch – allerdings ohne Erfolg.
Die Richter wiesen die Klage als unbegründet zurück und warfen dem Kläger vor, extrem riskant gefahren zu sein. Er habe zunächst nicht nur verkehrswidrig den Bürgersteig genutzt, sondern sei von dort aus plötzlich auf die Fahrbahn gewechselt, um die Kreuzung noch partout bei grün überqueren zu können.
Mit diesem rücksichtslosen Fahrverhalten musste der Fahrer des Lastkraftwagens nicht rechnen, so dass die Betriebsgefahr des Lkw vollständig hinter dem grob unangemessenen Verhalten des Klägers zurück tritt.
Das Gericht sprach weder dem Kläger noch seiner Berufsgenossenschaft, die ebenfalls gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer wegen der vermeintlichen Vorfahrtsverletzung vor Gericht gezogen war, eine Entschädigung zu.
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