Aus zwei aktuellen Urteilen geht
hervor, dass der Halter eines Kraftfahrzeug grundsätzlich auch nicht aus der
Betriebsgefahr seines Fahrzeugs haftet, wenn es zwischen einem Fahrradfahrer
und einem Kfz zu einem Unfall kommt, weil der Radfahrer gegen das Gebot
verstoßen hat, sein Fahrverhalten den örtlichen Verkehrsverhältnissen anzupassen.
In dem
ersten, am 20. Oktober 2010 vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen Fall
(Az.: 13 U 46/10), war ein Fahrradfahrer auf einer abschüssigen Straße einem
entgegen kommenden Bus ausgewichen und dabei zu Fall gekommen. Zwar musste der
Radler zugeben, im Gegensatz zu dem Busfahrer nicht scharf rechts gefahren zu
sein, war aber dennoch der Meinung, dass der Halter des Busses aus der wesentlich
höheren Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zumindest teilweise für die Folgen des
Unfalls verantwortlich sei.
Die
Karlsruher Richter wollten dem nicht folgen und wiesen die Schadenersatz- und
Schmerzensgeldklage des Fahrradfahrers als unbegründet zurück.
Die
Beweisaufnahme ergab, dass der Kläger mit hoher Geschwindigkeit in der Nähe der
Mittellinie der abschüssigen Straße auf eine Linkskurve zugerast war, als ihm
der vorher nicht von ihm wahrzunehmende Bus entgegenkam. Bei einer den
Ortsverhältnissen angepassten Fahrweise hätte nach Überzeugung des Gerichts
jedoch weder die Gefahr bestanden, dass der Kläger mit dem Bus zusammenstoßen
würde, noch wäre das Ausweichmanöver, welches letztlich zu seinem Sturz führte,
erforderlich gewesen.
Dabei
schlossen sich die Richter der Einschätzung anderer Gerichte an, dass auch dann
ein innerer Zusammenhang eines Unfalls mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs
besteht, wenn eine Ausweichreaktion eines zu Schaden gekommenen
Verkehrsteilnehmers objektiv nicht erforderlich war. Jedoch hielten sie das das
Fehlverhalten des Klägers für dermaßen gravierend, dass dahinter die
Betriebsgefahr des Busses vollständig zurücktritt. Daher kann der Kläger keine
Entschädigung verlangen.
Mittlerweile
ist das Urteil rechtskräftig.
In einem
anderen Fall, der mit Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. April
2011 (Az.: 12 U 500/10 entschieden wurde, ging es um einen eiligen Fahrradfahrer.
Der Kläger
hatte mit seinem Fahrrad verkehrswidrig den Gehweg benutzt und sich einer durch
Ampeln gesicherten Kreuzung genähert. Dort wartete der Beklagte in seinem Lkw
darauf, nach rechts abbiegen zu können. Zunächst musste er dazu einige
Fußgänger passieren lassen, deren Ampel auf grün stand. Nachdem die
Fußgängerampel rotes Licht zeigte, fuhr er an und kollidierte dabei mit dem Kläger.
Dieser war nämlich unmittelbar vor der Kreuzung von dem Bürgersteig auf die
Fahrbahn ausgewichen, um die Kreuzung noch bei grün überqueren zu können. Damit
hatte der Lkw-Fahrer nicht gerechnet.
Der bei dem
Unfall schwer verletzte Radler nahm mit dem Argument, dass der Fahrer des
Lastkraftwagens seine Vorfahrt missachtet und so den Unfall verschuldet habe,
dessen Kfz-Haftpflichtversicherer auf Zahlung von Schadenersatz und
Schmerzensgeld in Anspruch – allerdings ohne Erfolg.
Die Richter
wiesen die Klage als unbegründet zurück und warfen dem Kläger vor, extrem
riskant gefahren zu sein. Er habe zunächst nicht nur verkehrswidrig den
Bürgersteig genutzt, sondern sei von dort aus plötzlich auf die Fahrbahn
gewechselt, um die Kreuzung noch partout bei grün überqueren zu können.
Mit diesem
rücksichtslosen Fahrverhalten musste der Fahrer des Lastkraftwagens nicht
rechnen, so dass die Betriebsgefahr des Lkw vollständig hinter dem grob
unangemessenen Verhalten des Klägers zurück tritt.
Das Gericht
sprach weder dem Kläger noch seiner Berufsgenossenschaft, die ebenfalls gegen
den Kfz-Haftpflichtversicherer wegen der vermeintlichen Vorfahrtsverletzung vor
Gericht gezogen war, eine Entschädigung zu.
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