Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat
mit Urteil vom 15. Mai 2011 (Az.: 12 U 45/11) entschieden, dass die Modalitäten
einer zulässigen Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung von den
jeweils vereinbarten Versicherungsbedingungen festgelegt werden und daher je
nach Bedingungswerk unterschiedlich weit gehen können.
Im Jahr 1982
hatte der Kläger hatte bei der Beklagten eine Lebensversicherung eingeschlossener
Invaliditäts-Zusatzversicherung mit einer jährlichen Rente in Höhe von ca.
3.800,- Euro vereinbart worden. In den Versicherungs-Bedingungen hieß es, dass
eine Invalidität dann vorliegt, wenn der Versicherte aufgrund Krankheit,
Körperverletzung oder Kräfteverfalls außerstande ist, seinen Beruf oder eine
andere Tätigkeit auszuüben, „die eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige
Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt.“
Der Kläger
erkrankte im Jahr 2008 an Hautkrebs. Folge der Erkrankung sowie den damit
verbundenen Behandlungen war, dass er seine bisherige handwerkliche Tätigkeit
im Bereich „mobiler Dienst Kleininstandsetzungen“ nicht mehr ausüben könnte.
Nach der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit übte er daher eine reine
Bürotätigkeit aus.
Der
Versicherer lehnte die Rentenzahlung an den Kläger ab, da es Sinn und Zweck der
Invaliditäts-Zusatzversicherung sei, einen sozialen Abstieg des Versicherten zu
verhindern, der Kläger als Büroangestellter aber einen vollwertigen Beruf
ausübt, der sogar eine Besserstellung im Vergleich mit seiner bisherigen Tätigkeit
bedeutet.
Die Gerichte
sahen das anders, so dass der Versicherte mit seiner Klage auf Zahlung von
Versicherungsleistungen sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz
Erfolg hatte. Die Möglichkeit einer Revision beim Bundesgerichtshof wurde dem
Versicherer ebenfalls verwehrt.
Nach Meinung
der Richter kommt es für die Leistungspflicht des Versicherers nicht darauf an,
dass der Versicherte tatsächlich finanzielle Nachteile hinzunehmen hat. Bei
einer Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung handelt es sich
nicht um eine Schaden-, sondern um eine Summenversicherung. Ein
Berufsunfähigkeitsversicherer ersetzt im Grunde nicht die Einkommenseinbuße des
Versicherten, sondern erbringt vielmehr die im Voraus vertraglich vereinbarten
Leistungen. Daher muss er auch dann leisten, wenn der Versicherte durch den
Eintritt der Berufsunfähigkeit keine oder nur eine geringe Einkommenseinbuße
erleidet. Es kommt nicht auf die Frage an, ob die Versicherungsleistung mangels
eines konkreten Schadens zu einer Bereicherung des Versicherten führt oder
nicht.
Ansicht des
Gerichts ist, dass sich der Versicherer auch nicht darauf berufen kann, dass
der Versicherte als Büroangestellter angeblich eine mit seiner bisherigen
Tätigkeit vergleichbare Beschäftigung ausübt. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen
darf der Kläger nämlich nur auf eine Tätigkeit verwiesen werden, die eine
ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt. Von
einer ähnlichen Ausbildung kann im Fall des Klägers jedoch nicht ausgegangen
werden. Denn seine Berufstätigkeit vor seiner Erkrankung war körperlich und
handwerklich geprägt. Es kommt nicht darauf an, dass seine bisherige Ausbildung
ihn eher beiläufig dazu befähigt, auch eine Bürotätigkeit auszuüben.
Folglich
zieht die in den Versicherungsbedingungen zugrunde liegende Klausel engere
Grenzen als vergleichbare Klauseln, in denen es üblicher Weise heißt, dass die
auszuübende ähnliche Tätigkeit der Ausbildung entsprechen muss oder dass eine
andere Tätigkeit von einem Versicherten aufgrund seiner Ausbildung ausgeübt
werden kann bzw er dadurch hierzu in der Lage ist.
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