Montag, 5. September 2011

Unfall mit Strandsegler


Das Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein hat am 23. Februar 2011 (Az.: 7 U 106/09) entschieden, dass Spaziergänger, die auf einem nicht abgesperrten, von Strandseglern genutzten Strandabschnitt angefahren werden, ihre Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Forderungen in der Regel sowohl gegen den Segler als auch gegen die Gemeinde geltend machen können.


Im Frühjahr 2004 ging die Klägerin am Strand von St. Peter-Ording spazieren, als sie von einem von hinten kommenden Strandsegler angefahren wurde. Bei dem Unfall wurde die Frau so schwer verletzt, dass sie einen Dauerschaden erlitt. Ihre Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Forderungen wies der Segler zurück, da die Klägerin im Bereich eines Strandabschnitts spazieren gegangen sei, der von Strandseglern genutzt wurde. Darauf sei auch auf einem Schild hingewiesen worden. Im Übrigen sei er allein schon deswegen nicht für den Unfall verantwortlich, weil plötzlich die Lenkung seines Gefährts versagt habe.
Allerdings stellte sich in dem anschließenden Rechtsstreit heraus, dass der Lenkungsdefekt ganz offenkundig nur eine Schutzbehauptung war, da ein Sachverständiger keinen Defekt der Lenkung feststellen konnte.
Ferner war das Gericht vom Hinweis auf das Schild wenig überzeugt. Zunächst war dessen Warnfunktion unklar, des Weiteren handelte sich um das einzige Schild, das auf dem großen, nicht abgesperrten Strandabschnitt aufgestellt worden war.
Daher machten die Richter den Fahrer des Strandseglers für den Unfall verantwortlich.
Darüber hinaus zog das Gereicht jedoch auch den örtlichen Strandsegelclub sowie die Gemeinde zur Verantwortung, da diese ihre Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt hatten.
Der ortsunkundige Unfallverursacher hatte sich auf eine Erkundungsfahrt begeben, da einen Tag nach dem Unfall eine traditionelle Strandsegelregatta stattfinden sollte. Die Verantwortlichen des Segelvereins wären daher dazu verpflichtet gewesen, die Regattastrecke schon vor dem eigentlichen Rennen zu sichern und Strandspaziergänger von dem Gelände fernzuhalten. Die Gemeinde, der der Strand gehörte, hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass die Clubverantwortlichen dieser Verpflichtung nachkommen würden.
Nach Ansicht des Gerichts hatten sie dies vielmehr überwachen und kontrollieren müssen.
Ein Mitverschulden der Klägerin schloss das Gericht aus. Kein Spaziergänger, der einen Strand im Rahmen des Gemeingebrauchs nutzt, muss ständig auf der Hut vor Strandseglern sein. Es ist vielmehr Sache der Segler, erhöhte Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen.
Das Gericht sprach der Klägerin neben einem Schadenersatz auch ein Schmerzensgeld zu, welches allerdings um 10.000 Euro höher ausfiel als der Verletzung eigentlich angemessen. Die Richter begründeten das erhöhte Schmerzensgeld mit der „hartnäckigen, durch nichts nachvollziehbaren Verweigerungshaltung“ der für den Unfall Verantwortlichen, der Klägerin trotz eindeutiger Rechtslage bis zur Entscheidung des Gerichts keinerlei Entschädigung gezahlt zu haben.
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