Donnerstag, 15. August 2013

Versicherungsfall einer Zahnzusatzversicherung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit Urteil vom 27. Juni 2013 entschieden (Az.: 12 U 127/12), dass der Versicherungsfall einer Zahnzusatzversicherung erst eintritt, wenn tatsächlich eine Behandlung notwendig wird, wenn bei einer Untersuchung durch einen Zahnarzt festgestellt wird, dass ein nicht idealer Gebisszustand vorhanden ist, ohne dass ein akuter Handlungsbedarf besteht.

Im November 2008 hatte der Kläger bei dem beklagten Versicherer eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen. Drei Jahre später wurden ihm zwei Zähne implantiert. Die Kosten in Höhe von fast 7000 Euro machte er abzüglich einer vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung gegenüber seinem Versicherer geltend. Dieser behauptete jedoch, dass der Versicherungsfall schon vor Abschluss des Versicherungsvertrages eingetreten sei. Denn bei einer Mitte August 2008 von dem Zahnarzt des Klägers angefertigten Röntgenaufnahme war ein "nicht idealer" Gebisszustand festgestellt worden, der sich insbesondere auf die Jahre später ersetzten Zähne bezog.
Der Zahnarzt hatte einen akuten Handlungsbedarf jedoch nicht attestiert, zumal der Kläger beschwerdefrei war.
Dennoch lehnte es der Versicherer ab, die Kosten für die Implantatbehandlung zu übernehmen.
Daher landete der Fall vor dem Karlsruher Landgericht, vor dem der Versicherte eine Niederlage erlitt.
Die Richter waren mit dem Versicherer einer Meinung, dass der Versicherungsfall bereits vor Abschluss des Vertrages eingetreten war, da die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung eines Leidens abzielt, zur Heilbehandlung gehört.
Das Karlsruher Oberlandesgericht als Berufungsinstanz wollte sich dem nicht anschließen und gab der Klage des Versicherten statt.
Die Richter vertraten die Auffassung, dass mit der Untersuchung der später gegen die Implantate ausgetauschten Zähne die damalige Heilbehandung beendet war. Die spätere Implantatversorgung stellt daher einen neuen Versicherungsfall dar.
Indirekt wurde das auch von einem von dem Gericht befragten Sachverständigen bestätigt. Dieser hatte ausgesagt, dass es ärztlicherseits durchaus vertretbar gewesen sei, im August 2008 von einer Behandlung abzusehen.
Nach Ansicht des Gerichts bemisst sich die Frage der Behandlungs-Bedürftigkeit nach objektiven Kriterien, wobei dem Arzt ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen ist. Ist aber der Verzicht auf eine ärztliche Heilbehandlung aus medizinischer Sicht eine gut vertretbare Alternative, so ist die mit der Untersuchung begonnene Heilbehandlung auch wieder abgeschlossen.
Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass der Kläger seinen Zahnarzt erst wieder aufgesucht hatte, als er im Jahr 2010 unter einer schmerzhaften Zyste litt. Bei dieser Gelegenheit hatte der Arzt dem Kläger dazu geraten, die beiden Zähne durch Implantate ersetzen zu lassen.
Daher ist der Versicherungsfall erst nach Abschluss der Zahnzusatz-Versicherung sowie nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Wartezeit eingetreten.
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