Donnerstag, 25. Juli 2013

Besser mit Fahrradhelm unterwegs

Der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) hat mit Urteil vom 05. Juni 2013 entschieden (Az.: 7 U 11/12), dass ein Fahrradfahrer, der ohne Helm unterwegs ist, und bei einer Kollision mit einem sich verkehrswidrig verhaltenden Vekehrsteilnehmer eine Kopfverletzung erleidet, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, sich grundsätzlich ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Helms anrechnen lassen muss.

Eine Frau und spätere Klägerin befand sich mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit, als für sie unvermittelt die Fahrertür eines am rechten Fahrbahnrand geparkten Personenkraftwagens geöffnet wurde. Bei der anschließenden Kollision stürzte die Frau auf den Hinterkopf. Dabei erlitt sie eine schwere Schädel-Hirnverletzung, die einen mehrmonatigen Krankenhausaufenthalt erforderte. Bis heute ist sie nicht vollständig genesen und ihre berufliche Wiedereingliederung noch nicht abgeschlossen.
Die Radfahrerin begehrte mit ihrer gegen den Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Unfallverursacherin eingereichten Klage die Feststellung, dass ihr alle aus dem Unfall entstandenen Schäden einschließlich Folgeschäden zu ersetzen sind. Dabei forderte sie insbesondere auch die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes - mit bedingtem Erfolg. Das OLG Schleswig-Holstein gab ihrer Klage nur zum Teil statt.
Der gerichtlich beauftragte Sachverständigen kam zu dem Ergebnis, dass die Kopfverletzungen der Klägerin wesentlich geringer ausgefallen wären, wenn sie mit Fahrradhelm gefahren wäre. Sie muss sich daher ein Mitverschulden an ihren Verletzungen anrechnen lassen, das die Richter mit einer Quote von 20% bemaßen.
Nach der Auffassung der Richter kann nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass ein Fahrradhelm einen wesentlichen Schutz vor Kopfverletzungen darstellt. Wegen der Fallhöhe und der fehlenden Möglichkeit, sich abzustützen, sind Radfahrer nämlich besonders gefährdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Genau davor soll ein Helm schützen. Die Anschaffung eines Helms ist Fahrradfahrern daher zumutbar.
Nach Ansicht der Richter kann nach dem heutigen Erkenntnisstand davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird. Ein Radfahrer weiß, dass er sich im öffentlichen Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko aussetzt.

Das Urteil kann zu einer faktischen Helmpflicht für Radfahrer führen.
Andere Gerichte haben sich bereits mit der Frage eines Mitverschuldens bei der Nichtbenutzung eines Fahrradhelms befasst und sind dabei zu recht unterschiedlichen Ergebnissen gelangt.
Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München einem Rennradfahrer nach einem Unfall das Schmerzensgeld gekürzt, weil er ohne Helm unterwegs war.
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