Donnerstag, 13. Juni 2013

Neue Rechtsprechungs-Facette zur Versorgungsehe

Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 30. Mai 2012 entschieden (Az.: S 11 R 5359/08) und damit der bisherigen Rechtsprechung zur Versorgungsehe eine neue Facette hinzugefügt, dass selbst dann nicht von einer Versorgungsehe auszugehen ist, wenn der Versicherte bereits bei der Hochzeit tödlich erkrankt war und die Ehe demzufolge nur 19 Tage dauerte und eine frühere Eheschließung aufgrund eines jahrelangen Scheidungsverfahrens unmöglich war.
§ 46 Absatz 2a SGB VI regelt, dass Witwen oder Witwer keinen Zahlungsanspruch auf Witwen- bzw. Witwerrente haben, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr angehalten hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Annahme gerechtfertigt ist, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenden-Versorgung zu begründen.
In dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit hatte die seinerzeit 58-jährige Klägerin ihren zu diesem Zeitpunkt lebensbedrphlich an Lungenkrebs erkrankten, langjährigen Lebensgefährten geheiratet. Die Ehe dauerte nur kurz, wie von den behandelnden Ärzten befürchtet. Bereits nach 19 Tagen wurde die Klägerin Witwe.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund wies ihren Antrag auf Zahlung einer Witwenrente mit dem Argument zurück, dass die Ehe in sicherer Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Todes ihres Lebensgefährten geschlossen wurde. Nach einer Ehezeit von nur 19 Tagen müsse daher von einer Versorgungsehe ausgegangen werden.
Das Berliner Sozialgericht sah das anders und gab der Klage der Frau auf Zahlung einer Witwenrente statt. Nach Ansicht des Gerichts spricht eine kurze Dauer einer Ehe für sich allein gesehen nicht für die Annahme einer Versorgungsehe. Bei der Frage, ob ein Anspruch auf Zahlung einer Hinterbliebenen-Versorgung besteht, sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
Die Klägerin und ihr Mann hatten vorliegend bereits seit Jahren zusammengelebt, ein gegenseitiges Testament und eine Patientenverfügung aufgesetzt und gegenseitige Bankvollmachten ausgestellt. Noch bevor sie von der Erkrankung des Mannes erfuhren, hatten sie außerdem nachweislich Erkundigungen wegen einer möglichen Eheschließung eingeholt.
Die Heiratsabsicht scheiterte jedoch daran, dass der Mann noch verheiratet war. Er hatte zwar die Scheidung eingereicht, doch das Scheidungsverfahren zog sich über fünf Jahre hin. Unmittelbar nachdem der Mann von der Rechtskraft der Scheidung erfuhr, heiratete er die Klägerin.
Nach Auffassung des Gerichts ist es unter Würdigung dieser Gesamtumstände unbillig, von einer Versorgungsehe auszugehen.
Regelmäßig führt die Frage, ob eine kurze Ehedauer zu Ansprüchen auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente führt, zu Rechtsstreit. Nicht immer gehen die Urteile zu Gunsten der Hinterbliebenen aus.
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