Donnerstag, 30. Mai 2013

Werbungskostenabzug trotz Abgeltungsteuer

Größter Kritikpunkt an der Abgeltungsteuer ist seit deren Einführung der generelle Ausschluss des Werbungskostenabzugs. Begründet wurde das Abzugsverbot damit, dass der niedrige Steuersatz von 25% den Werbungskostenabzug bereits typisierend mit abgelte. Trotzdem gibt es nach wie vor erhebliche Bedenken, die auch das Finanzgericht Baden-Württemberg teilt. Als erstes Finanzgericht hat es sich mit der Problematik ausführlich auseinandergesetzt und im Sinne der Steuerzahler entschieden. Das Werbungskostenabzugsverbot hält das Finanzgericht nämlich für einen massiven Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte objektive Nettoprinzip. Hier würden alle Steuerpflichtigen schlechter gestellt, die zur Erzielung ihrer Kapitaleinkünfte Werbungskosten von mehr als 801 € (Sparerpauschbeitrag) aufwenden.
Das Urteil des Finanzgerichts ist jedoch noch kein genereller Freibrief für Kapitalanleger, ihre Werbungskosten geltend zu machen. Zum einen muss jetzt der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren entscheiden. Außerdem hat das Finanzgericht den Werbungskostenabzug nur für eine begrenzte Zahl von Fällen als weiterhin zulässig eingestuft. Im Streitfall ging es um einen Sachverhalt, bei dem der Durchschnittssteuersatz unter dem Abgeltungsteuersatz lag. Das greift nämlich das Argument nicht, dass der niedrigere Abgeltungsteuersatz die Werbungskosten gleich mit abgelten würde. Über den Werbungskostenabzug in den Fällen, in denen die Abgeltungsteuer niedriger ist als der persönliche Steuersatz hat das Finanzgericht ausdrücklich keine Aussage getroffen.
Für Kapitalanleger bedeutet das Urteil erst einmal, dass sie gegen ihren Einkommensteuerbescheid Einspruch einlegen können, der dann automatisch bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ruht. Das gilt allerdings nur für Sparer, bei denen der Durchschnittssteuersatz ebenfalls unter 25% liegt. Ob die Finanzverwaltung im Hinblick auf das Verfahren auch bei anderen Sparern den Einspruch ruhen lässt, ist derzeit noch ungewiss.
Unterdessen hat das Finanzgericht Köln in einem anderen Musterverfahren entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die vor dem 1. Januar 2009 zugeflossen sind, weiterhin unbeschränkt als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können. Es ging dabei um Steuerberatungskosten im Rahmen einer Selbstanzeige über Kapitalerträge aus den Jahren 2002 bis 2008. Wie in den anderen Fällen ist bereits die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig.
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