Montag, 12. September 2011

Auch bei hoher Laufleistung keine Verweisung auf freie Werkstatt


Das Landgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 8. April 2011 (Az.: 13 S 152/10) entschieden, dass sich ein Unfallgeschädigter, dessen Fahrzeug noch keine drei Jahre alt ist, vom Versicherer des Unfallverursachers grundsätzlich nicht auf eine Reparatur durch eine freie Werkstatt verweisen lassen muss. Das gilt auch dann, wenn das Fahrzeug eine sehr hohe Laufleistung aufweist.


Regelmäßig kommt es über die Frage zu Streit, ob ein Geschädigter dazu verpflichtet ist, sein Fahrzeug in einer freien Werkstatt reparieren zu lassen. Mit der o.g. Entscheidung hat nun ein Gericht auch die Frage geklärt, welche Bedeutung der Laufleistung des Fahrzeugs zukommt.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Ein Taxiunternehmer hatte geklagt, dessen Fahrzeug unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden war.
Zwar erhob der Kfz-Versicherer des Unfallverursachers keine Einwände zum Grund seiner Leistungsverpflichtung, jedoch gab es Streit über die Höhe der zu zahlenden Entschädigung, da der Kläger den Schaden nämlich auf Basis eines Sachverständigen-Gutachtens abrechnen wollte, das eine Reparatur in einer Fachwerkstatt vorsah.
Der Versicherer berief sich darauf, dass das zwei Jahre und acht Monate alte Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls eine Laufleistung von mehr als 200.000 Kilometer aufwies und wollte daher nur jene Kosten zahlen, die in einer freien Werkstatt angefallen wären. Das hätte eine Ersparnis von 1.500,- € ausgemacht.
Die Richter wollten dem nicht folgen und gaben der Klage des Taxiunternehmers auf Erstattung der Reparaturkosten einer markengebundenen Fachwerkstatt statt. Meinung des Gerichts ist, dass ein Unfallgeschädigter unter dem Aspekt der Schadenminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen zwar dazu verpflichtet sein kann, sein Fahrzeug in einer freien Werkstatt reparieren zu lassen. Das gilt jedoch nicht, wenn eine Reparatur in einer freien Werkstatt unzumutbar ist. Als unzumutbar gilt eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt im Allgemeinen dann, wenn ein beschädigtes Fahrzeug zum Zeitpunkt eines Unfalls nicht älter als drei Jahre ist. Dieser Grundsatz ist nach richterlicher Auffassung unabhängig von der Laufzeit des Fahrzeugs anzuwenden. Hintergrund der Privilegierung ist, dass im Falle einer Reparatur eines neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugs in einer freien Werkstatt die Gefahr besteht, dass dem Geschädigten bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen Schwierigkeiten entstehen können.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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