Das Amtsgericht Nürnberg hat am 28. Dezember 2010 entschieden (Az.: 31 C 8164/10), dass ein Geschädigter grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, vor Beauftragung eines Sachverständigen mehrere Angebote einzuholen, um die Gutachterkosten für den Schädiger bzw. dessen Versicherer so gering wie möglich zu halten.
Unverschuldet war ein Mann mit seinem Pkw in einen Unfall verwickelt worden. Er beauftragte einen Sachverständigen damit, ein Gutachten über die voraussichtliche Reparaturhöhe zu erstellen, da das Fahrzeug dabei erheblich beschädigt wurde.
Der Versicherer des Unfallverursachers war im Rahmen der Schadenregulierung zwar dazu bereit, den Fahrzeugschaden ohne Abstriche zu regulieren, weigerte sich jedoch, das Honorar des Gutachters in voller Höhe zu übernehmen. Nach seiner Meinung wäre nämlich ein vergleichbares Gutachten bei anderen Sachverständigen um mindestens ein Drittel günstiger zu haben gewesen. Der Geschädigte habe bei Beauftragung des Gutachters folglich gegen seine Schadenminderungspflicht gemäß § 254 BGB verstoßen. Daher stünden ihm nur 2/3 der Gutachterkosten zu.
Der Kläger wollte sich damit nicht abfinden, so dass der Streit schließlich vor Gericht landete. Dort erlitt der Versicherer eine Niederlage.
Das Amtsgericht Nürnberg meinte, dass ein Unfallgeschädigter grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, sich eines möglichst günstigen Sachverständigen zu bedienen. Dies würde bedeuten, dass er vor der Beauftragung eines Gutachters Marktforschung betreiben und zunächst mehrere Kostenvoranschläge einholen müsste. Das ist einem Geschädigten jedoch nicht zumutbar, zumal er in der Regel ohnehin über keine Einblicke oder Erfahrungswerte bezüglich der Preisgestaltung und -kalkulation eines Sachverständigen verfügt.
Daher hat ein Unfallverursacher bzw. sein Versicherer auch ungewöhnlich hohe Sachverständigen-Gebühren zu übernehmen, wenn diese noch im Rahmen dessen liegen, was üblicherweise berechnet wird. Das Risiko eines teuren Gutachtens trägt grundsätzlich der Schädiger und nicht der Geschädigte. Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung des Gerichts ausnahmsweise nur dann, wenn ein Sachverständiger seine Gebühren offenkundig falsch berechnet hat oder einem Geschädigten zu Recht ein Auswahlverschulden vorgehalten werden kann. Davon war in dem vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen.
Bereits im April 2006 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Sachverständiger sein Honorar in der Regel nach billigem Ermessen bestimmen und dabei die Grenzen des ihm gesetzlich eingeräumten Gestaltungsspielraums ausschöpfen darf.
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