D er große Wurf zur Steuervereinfachung sieht anders aus - das war schon Ende 2010 das einhellige Fazit, als die Bundesregierung das Arbeitspapier vorgelegt hat, in dem ein Bündel von 41 Einzelmaßnahmen aufgelistet war. Am 2. Februar hat die Bundesregierung nun den Entwurf für das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorgelegt. Grundsätzlich sollen die Änderungen ab 2012 in Kraft treten, für viele Änderungen ist jedoch ein anderer Termin vorgesehen. Hier sind nun die wichtigsten Gesetzesänderungen im Überblick:
• Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag soll von 920 Euro auf 1M00 Euro steigen, und zwar rückwirkend noch für 2011.
Um die Lohnabrechnung in 2011 nicht unnötig kompliziert zu machen, sieht das Gesetz vor, dass der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 Euro in der Lohnabrechnung vom Dezember 2011 zu berücksichtigen ist.
• Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerzahler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den eigenen Pkw, sollen ab 2012 durch die Umstellung von einer tagweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung die derzeit noch notwendigen Aufzeichnungen und Berechnungen überflüssig werden. Im Einzelfall bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung, weil Berufstätige, die nur zeitweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, nicht mehr den höheren Fahrkartenpreis geltend machen können.
• Kindergeld: Bei der Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen für voll-jährige Kinder wird ab 2012 auf die Einkommensüberprüfung der Kinder verzichtet. Der Verzicht auf die Einkommensprüfung gilt ebenso beim Unterhaltshöchstbetrag und Ausbildungsfreibetrag.
• Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Kinderbetreuung sollen ab 2012 generell als Sonderausgaben gelten, können aber weiterhin bis zu einer Höhe von 4.000 Euro je Kind angesetzt werden.
• Ehegattenveranlagung: Die Veranlagungs- und Tarifvarianten für Eheleute sollen von derzeit sieben auf künftig vier reduziert werden (Zusammen- und Einzelveranlagung sowie zwei Spezialfälle nach dem Tod eines Ehegatten und im Trennungsjahr). Dass nicht nur einzelne Veranlagungsarten gestrichen werden, zeigt die Abschaffung der Getrenntveranlagung, denn sie wird durch eine Einzelveranlagung ersetzt. Die steuerlich berücksichtigungsfähigen Privatausgaben (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen) sollen da-bei automatisch den Ehepartnern jeweils Hälftig zugeordnet werden, soweit die Ehepartner nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen. Im Gegenzug bemisst sich die zumutbare Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen dann nicht mehr an der Höhe des Gesamteinkommens beider Ehepartner, sondern nur noch nach den Einkünften des Ehepartners, der die Belastung geltend macht. All diese Änderungen bei der Ehegattenveranlagung sollen erst ab 2013 gelten.
• Verbilligte Vermietung: Statt zweier Grenzen bei der verbilligten Vermietung einer Wohnung (56 % der ortsüblichen Miete als Untergrenze für den vollen Werbungskostenabzug, 75 % für den Verzicht auf eine Überschussprognose) soll es nur noch eine Grenze geben. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug. Diese Änderung gilt ab dem 1. Januar 2012. Bis dahin bleibt also noch Zeit, Mietverträge ggf. anzupassen.
• Zweijährige Steuererklärung: Ein Großteil der Steuerzahler soll ab 2012 die Möglichkeit erhalten, die Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre ab-geben zu müssen. Voraussetzung ist, dass ausschließlich Überschusseinkünfte erzielt werden (also keine gewerblichen Einkünfte oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft), und dass die Einnahmen, soweit sie nicht dem Steuerabzug (Lohn- oder Abgeltungsteuer) unterliegen maximal 13.000 Euro pro Jahr betragen. Das Wahlrecht zur zweijährigen Veranlagung gilt auch für Körperschaften, die keine gewerblichen Einkünfte erzielen.
• Elektronische Rechnungen: Eine Änderung der EU-Direktive zur Mehr-wertsteuer verlangt von den Mitgliedsstaaten die vollständige Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen. Im Steuervereinfachungsgesetz 2011 ist nun vorgesehen, den Verzicht auf die Signaturpflicht bei elektronischen Rechnungen ab dem 1. Juli 2011 einzuführen.
• Betriebsfortführungsfiktion: Für die Fälle einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer Betriebsunterbrechung wird eine Betriebsfortführungsfiktion eingeführt. Das bedeutet, dass der Betrieb so lange als fortgeführt gilt, bis entweder der Inhaber ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind. Damit wird einerseits Rechtssicherheit für die Betroffenen hergestellt, und andererseits stellt der Staat die Besteuerung von stillen Reserven bei einer schleichenden Betriebsausgabe sicher, weil keine Festsetzungsverjährung mehr eintreten kann. Den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe kann der Inhaber frei wählen, muss dies aber innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Finanzamt erklären. Diese Änderung gilt für eine Betriebsaufgabe nach der Gesetzesverkündung.
• Abgabefristen: Für Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr soll zukünftig ebenfalls die Regelabgabefrist von 5 Monaten gelten statt wie bisher nur 3 Monate, und zwar rückwirkend ab 2010.
• Kapitalerträge: Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, wer-den ab 2012 bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens, der zumut-baren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen oder dem Abzug von Unterhaltsleistungen nicht mehr berücksichtigt.
• Steuerbefreiungsvorschriften: Insgesamt sieben Steuerbefreiungsvorschriften, die ohnehin in der Praxis keine Rolle mehr spielen, werden aufgehoben. Außerdem sind Stipendien zukünftig auch dann steuerfrei, wenn sie nur mittelbar aus öffentlichen Mitteln geleistet werden.
• Spendennachweis: Die bisher im Einzelfall geregelten Erleichterungen für den Nachweis von Spenden in Katastrophenfällen werden jetzt gesetzlich festgeschrieben.
• Pflichtveranlagungen: Arbeitnehmer mit geringem Einkommen, die eine hohe Mindestvorsorgepauschalen für die Kranken- und Pflegeversicherung aufweisen, müssen zukünftig keine Steuererklärung mehr abgeben, wenn ihr Einkommen die diversen gesetzlichen Freibeträge ohnehin nicht überschreitet. Das ist der Fall bei einem Einkommen unter 10.200 Euro für Singles und 19.400 Euro für Ehegatten.
• Verbindliche Auskunft: Verbindliche Auskünfte sollen nur noch bei einem Gegenstandswert von mehr als 10.000 Euro gebührenpflichtig sein, sofern der Antrag nach der Gesetzesverkündung beim Finanzamt eingeht.
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