Spezielle Zahnarztbehandlungen sind häufig teuer, die Rechnung undurchsichtig. Eine Plattform im Internet bietet Patienten die Möglichkeit, Kostenvoranschläge einzustellen und Ärzten, eigene Angebote zu unterbreiten. Gegen diesen Wettbewerb hatten Ärzte geklagt.
Preisvergleiche im Internet sind in vielen Bereichen schon seit Langem nicht mehr wegzudenken. Nicht so in der relativ streng reglementierten Gesundheitsbranche. Hier betrat vor sechs Jahren eine Internetplattform (juristisches) Neuland, die es ermöglicht, online Preisvergleiche zu zahnärztlichen Leistungen einzuholen. Gegen dieses Geschäftsmodell klagten zwei in Bayern tätige Zahnärzte, die einen Verstoß gegen das zahnärztliche Berufsrecht witterten.
Die Plattform ermöglicht es Patienten, einen zahnärztlichen Heil- und Kostenplan oder Kostenvoranschlag ins Netz zu stellen, um anderen Zahnärzten Gelegenheit für eine eigene Kostenschätzung zu geben. Kommt es daraufhin zum Abschluss eines Behandlungsvertrags, hat der neue Zahnarzt an den Plattformbetreiber ein Entgelt zu zahlen. Das Landgericht München hatte der Unterlassungsklage stattgegeben, ebenso das Oberlandesgericht.
Das Urteil
Der BGH hat die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klage abgewiesen (BGH vom 1. Dezember 2010, Az.: I ZR 55/08). Ein Verstoß gegen den berufsrechtlichen Grundsatz der Kollegialität liege nicht vor.
Nach Paragraf acht der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte ist es berufsunwürdig, einen Kollegen durch unlautere Handlungen aus seiner Behandlungstätigkeit zu verdrängen. Die Karlsruher Richter stellten hierzu jetzt klar, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wenn ein Zahnarzt auf Wunsch eines Patienten den Heil- und Kostenplan eines Kollegen prüfe und eine alternative Kostenberechnung vornehme. Gleichfalls sei es unproblematisch, wenn der Zahnarzt sodann den Patienten behandle, falls dieser sich zu einem Zahnarztwechsel entschließe. Das beanstandete Geschäftsmodell erleichtere ein solches Vorgehen lediglich und ermögliche es dem Patienten, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten.
Die Zweitbegutachtung über die Internetplattform diene den Interessen der anfragenden Patienten. Aus diesem Grund könne darin nicht zugleich ein berufsunwürdiges Verdrängen von anderen Zahnärzten aus ihrer Behandlungstätigkeit gesehen werden. Auch die Zahlung eines Entgelts durch den Arzt sei nicht zu beanstanden. Das Gericht sah darin keine berufswidrige Gewährung einer wirtschaftlichen Vergünstigung für die Zuweisung eines Patienten. Die Leistung der Plattform liege nämlich nicht in einer Patientenzuweisung, sondern lediglich im Betrieb der vermittelnden Internetplattform.
Die Folgen
Die Berufsordnungen anderer ärztlicher Berufe enthalten vergleichbare Regelungen wie die dem Verfahren zugrunde liegende Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte. Daher ist zu erwarten, dass Preisvergleichsportale im ärztlichen Bereich nunmehr verstärkt Einzug halten.
Patienten werden künftig die Möglichkeit haben, ohne großen Aufwand die Kosten für Heilbehandlungen effektiv zu vergleichen. In Zeiten, in denen der Umfang zuzahlungspflichtiger oder nicht erstattungsfähiger Leistungen zunimmt, ist es wichtig, Kostentransparenz herzustellen. Diese erst ermöglicht es dem Patienten, eine informierte Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Behandlung oder Behandlungsmethode bei einem Arzt seiner Wahl zu treffen.
Andererseits wird diese Entwicklung zu (noch) mehr Wettbewerb in der Ärzteschaft führen. Obwohl der Arztberuf kein Gewerbe ist, werden sich Ärzte stärker als bisher mit Fragen des Praxismarketings befassen müssen, um am Markt zu bestehen. Dieser Notwendigkeit tragen schon jetzt die seit einigen Jahren zu beobachtenden Liberalisierungstendenzen im Werberecht der Ärzte Rechnung, wo lange Zeit scheinbar in Stein gemeißelte Werbeverbote und Werbebeschränkungen gefallen sind.
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